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Impfungen bei Wohnungskatzen

Must-Do oder völlig sinnfrei?

Vorab sei gesagt, dass es in Deutschland keine Impfpflicht, sondern lediglich Impfempfehlungen gibt.

Es kann also jeder für sich bzw. für sein Tier entscheiden, ob er diese für sinnvoll hält oder nicht.

Mit der Entscheidung für oder gegen eine Impfung geht jedoch eine gewisse Verantwortung einher, weshalb der Tierbesitzer von heute bestenfalls gut informiert sein will.

Wie passend, dass wir Ihnen dabei helfen können. Hierbei ist es nicht unsere Aufgabe, sie zur Impfung zu drängen, sondern ein passendes Impfschema für Ihr Tier zu erstellen und zu erklären, warum geimpft werden soll, wogegen und in welchen Abständen.

Hierbei halten wir uns

  • an die oben genannten Impfempfehlungen, die regelmäßig von der sog. StiKo (ständige Impfkommission) erarbeitet und überarbeitet werden, so zuletzt am 01.01.2021 in neuer Auflage mit einigen Änderungen
  • an die Vorgaben der Impftstoffhersteller und deren Verfügbarkeiten (besonders in aktuellen Zeiten von Corona) —> in der Regel liegt die Wirkdauer eines Impfstoffes bei 1-3 Jahren
  • sowie an die individuellen Lebensumstände Ihres Tieres.

Den Anfang machen also heute die Wohnungskatzen, da ich hier doch hin und wieder auf große Gegenwehr bei den Besitzern stoße...

Ein Tierbesitzer oder eine Tierbesitzerin kommt in die Praxis zur Erstvorstellung mit seiner oder ihrer Katze - für mich unerheblich, ob Wohnungskatze oder nicht, denn in aller Regel macht es so oder so Sinn zu impfen. Ich frage dann z.B. „Was wollen wir heute machen? Zunächst einen Allgemeincheck oder sind sie zur Impfung da? Erbost werde ich abgewürgt mit den Worten „Nein, das ist eine Wohnungskatze und sie braucht keine Impfung.“ Mit anderen Worten: „Lass mich in Ruhe, ich lass mir von dir das Geld nicht aus der Tasche ziehen.“😅

Aber wie verhält es sich denn nun tatsächlich? Sind Impfungen bei Wohnungskatzen sinnvoll oder eher nicht? Wogegen wird überhaupt geimpft und wie sind die Übertragungswege?

Bei Wohnungskatzen impft man im Allgemeinen gegen Katzenschnupfen und Katzenseuche.

Zum Katzenschnupfenkomplex gehören verschiedene virale und bakterielle Erreger, die einzeln oder in der Summe zu mehr oder weniger schwerwiegenden Krankheitssymptomen führen können.

Das feline Calicivirus (Felis = Katze) wird durch direkten Kontakt mit entweder akut infizierten Katzen oder Trägern des Virus übertragen. Die Ausscheidungsdauer kann schlimmstenfalls lebenslang anhalten. Infizierte Katzen können Veränderungen in der Maulregion haben, die nicht selten in ein chronisches Stadium übergehen. Weitere Symptome sind Fieber, Niesen oder Bindehautentzündungen. Manche der Virusstämme können zu einer hochansteckenden, systemischen Krankheit führen, die häufig zum Tode führt.

Es gibt hier keine antivirale Therapie, sodass man nur die Symptome behandeln kann und streng auf Hygiene achten sollte.

Daher gehört die Impfung gegen Caliciviren zu den sog. core-Impfungen, also zu den Pflichtimpfungen - nicht irritieren lassen, dies ist keine gesetzlich angeordnete Pflicht, hiermit ist gemeint, dass es Impfungen gibt, die jede Katze haben sollte und Impfungen, die eine Katze nur unter bestimmten Bedingungen bekommen sollte. Man unterscheidet also Core- und Non-Core-Impfungen.

Somit gilt im Falle der Caliciviren: jede Katze sollte zu jeder Zeit geschützt sein.

Allerdings gibt es zahlreiche Stämme, die durch Mutation immer wieder neu entstehen und sehr unterschiedlich sind, sodass durch eine Impfung gegen ein oder mehrere Stämme nicht automatisch ein Schutz gegen alle Stämme besteht. Alternativ zur Impfung besteht grundsätzlich die Möglichkeit, im Blut Antikörper nachzuweisen und anhand dessen zu entscheiden, ob ein ausreichender Schutz gewährleistet ist, wenn das Tier beispielsweise schon mehrfach eine Impfung bekommen hat. Aufgrund der Vielzahl der Stämme eignet sich dieses Verfahren hier jedoch nicht, da es kein aussagekräftiges Ergebnis liefern würde.

Das feline Herpesvirus kann ebenfalls am Katzenschnupfenkomplex beteiligt sein. Eine einmal infizierte Katze bleibt lebenslang Träger des Virus. Das Virus wird über Sekrete übertragen, meist durch direkten Kontakt von Katze zu Katze und verursacht unterschiedlich schwere Entzündungen der oberen Atemwege und der Augen.

Es stehen geeignete Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, erfordern aber je nach Schweregrad ein aufwändiges Management.

Daher gilt die Impfung als Core-Vakzine. Die Impfung kann die Schwere der Symptome reduzieren, eine geimpfte Katze kann aber trotzdem Träger des Virus sein. Somit umso verständlicher, dass jede Katze zu jeder Zeit einen Impfschutz haben sollte, da es eben auch von asymptomatischen Tieren übertragen werden kann. Keine Symptome heisst nicht automatisch keine Gefahr.

Macht hier ein Antikörpernachweis zum Nachweis einer Immunität und ggf. anstelle der Impfung Sinn? Leider nein, da viele Katzen nach Infektion oder Impfung kaum oder nur vorübergehend Antikörper bilden.

Chlamydia felis ist ein Bakterium, das fast ausschließlich Veränderungen an den Augen verursacht - meist in Form einer Bindehautentzündung und ebenfalls mit zum Katzenschnupfen zählt. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt von Katze zu Katze oder durch Aerolose, also mit der Luft. Insgesamt kann man von einer milden Infektion ausgehen, bei der das Allgemeinbefinden meist ungestört ist und welche mit einem spezifischen Antibiotikum behandelt werden kann.

Eine Impfung gilt als Non-Core-Vakzine und wird vor allem bei Katzen mit hohem Infektionsdruck empfohlen, also bei viel Kontakt mit Artgenossen.

Zuletzt kommen wir zur Panleukopenie. Hierbei handelt es sich um eine Viruserkrankung, welche ohne intensive Therapie häufig zum Tode führt, besonders bei jungen Tieren. Die Symptome sind Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und Fieber - also sehr unspezifische Symptome.

Das Virus wird in großer Menge mit dem Kot ausgeschieden und bleibt über Monate bis Jahre (!) in der Umwelt ansteckend. Somit leuchtet ein, dass das Virus z.B. an der Kleidung oder den Schuhen des Besitzers in die Wohnung getragen werden kann.

Bei Katzen, die bereits Antikörper besitzen, verläuft die Infektion in der Regel asymptomatisch.

Die Impfung gegen die Panleukopenie gilt daher als Core-Impfung . Wir wissen inzwischen was das heisst: jede Katze sollte zu jeder Zeit geschützt sein.

Und hier kommt die Variable ins Spiel: Viele Katzen haben nach einer Grundimmunisierung oder aber nach einer symptomlos verlaufenden Infektion lebenslang Antikörper gegen das Virus. Die Impfstoffe sind aber nur für eine bestimmte Wirkdauer zugelassen. Daher ist der Tierarzt angehalten, sich an diese Vorgaben zu halten. In diesem Fall eignet sich der Nachweis des Antikörpertiters im Blut. Nachteil ist, dass dem Tier dafür Blut abgenommen werden muss und es kostenintensiver als eine Impfung ist - dies sollte nicht zwingend ein Hindernis darstellen, sei aber der Vollständigkeit halber mit erwähnt.

Fakt ist, dass die Panleukopenie in Deutschland durch die regelmäßige Impfung gut kontrolliert ist. Jedoch liegt genau da der Knackpunkt: sollte sich eine Impfmüdigkeit einstellen, weil man sich auf den erzielten Erfolgen ausruht, getreu dem Motto ich ruhe mich auf den Lorbeeren anderer aus, kann sich das Blatt schnell wieder wenden.

Abschließend ist denke ich klar geworden, dass es dem Tierarzt nicht darum geht, einfach nur zu impfen, egal was und unter welchen Umständen. Denn auch bei Wohnungskatzen gibt es hinreichend Gründe für eine Impfung, manchmal aber auch dagegen.

Generell gilt der Leitsatz: geimpft wird so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich!😊

Autorin:

Stefanie Schmidt

Praxisleitung und Tierärztin in der Tierarztpraxis Am Wilden Mann in Dresden