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Kaninchen richtig vergesellschaften

damit sie nicht gemeinsam einsam sind

Kaninchen sind Gruppentiere und nicht für die Einzelhaltung gemacht. Sie haben ein sehr ausgeprägtes Sozialverhalten und leben in freier Wildbahn in größeren Verbünden zusammen. Werden sie dennoch alleine gehalten, können sie Verhaltensstörungen oder auch Aggressionen entwickeln - sie leiden ebenso wie wir Menschen bei fehlender Interaktion mit einem Artgenossen. Leider stolpere ich dennoch immer wieder über die Annahme, dass es doch nicht schlimm sei, ein Kaninchen alleine zu halten - wir leisten ihnen doch schließlich Gesellschaft.  

Auch die „Verpaarung“ mit Meerschweinchen erfreut sich relativ großer Beliebtheit - ein Tier ist doch wie das Andere. Zwar können Kaninchen und Meerschweinchen in einem Freigehege gemeinsam gehalten werden, dabei handelt es sich aber bestenfalls um eine friedliche Koexistenz. Sozialverhalten als auch Körpersprache sind gänzlich unterschiedlich. Sie wären am Ende einfach nur gemeinsam einsam. Gleiches gilt für den Menschen, er stellt keinen adäquaten Partner dar! 

Ergo sind wir uns einig, dass es unumgänglich ist, mindestens zwei Kaninchen zusammenzuhalten. 🐰🐰 

Mögliche Konstellationen hierbei sind:  

  1. ein weibliches Kaninchen + ein kastrierter Bock 
  2. zwei kastrierte Böcke oder
  3. zwei weibliche Kaninchen 

Doch welche Verpaarung eignet sich am besten? 

In der Regel empfiehlt sich die erste Variante, wobei die anderen Beiden auch funktionieren können sowie die Erste missglücken kann. Der Erfolg einer Vergesellschaftung zweier Kaninchen kann nicht garantiert werden. Hierbei ist nicht gemeint, dass ein Kaninchen per se nicht vergesellschaftet werden kann, sondern lediglich, dass diese beiden nicht zusammenpassen und man eine andere Konstellation versuchen sollte. In aller Regel aber funktioniert eine Vergesellschaftung schon beim ersten Versuch, wenn man ein bisschen Vorarbeit leistet. Wichtig bei der Auswahl ist, dass man sich ähnliche Charaktere sucht, wie zwei relativ aktive oder zwei relativ ruhige Artgenossen. Ein zu dominantes Weibchen beispielsweise kann ein permanenter Unruhestifter sein, sodass das Partnertier oder die Partnertiere nicht entspannen können. Außerdem sollte ein Jungtier nicht zu einem Senior gesetzt werden, da dieser überfordert wäre.  

Vorbereitung der Vergesellschaftung 

Vorab muss eine Geschlechterwahl getroffen werden. Wählt man ein gleichgeschlechtliches männliches Paar, sollten beide Rammler kastriert werden, damit die hormonell bedingten Rangkämpfe nicht ausarten und Verletzungen nach sich ziehen. Weibliche Tiere sind häufig dominant, sodass keine Ruhe einkehrt. Bei einem gegengeschlechtlichen Paar ist es am wichtigsten, dass zumindest der Rammler kastriert ist, um ungewünschtem Nachwuchs vorzubeugen.  

 

Bei allen Varianten ist es wichtig, dass die Quarantänezeit von 4-6 Wochen nach der Kastration eingehalten wird, da die Rammler zunächst noch etwa 4 Wochen zeugungsfähig bleiben können (Achtung: ein Rammler kann schon mit 12 Wochen und ein Weibchen mit 16-20 Wochen geschlechtsreif werden) und bei weiblichen wie auch männlichen Kaninchen erst die hormonelle Umstellung erfolgen muss. Findet eine Frühkastration statt (bevor Sexualhormone produziert werden), ist keine Quarantänezeit nötig.  

Wenn ein neues Kaninchen zu einem bereits wohnhaften Partnertier oder einer bestehenden Gruppe gesetzt werden soll, ist es wichtig, dass dies auf neutralem Boden geschieht. Kaninchen sind sehr territorial und besonders die Weibchen machen von ihrem Revieranspruch gebrauch. Vor der Vergesellschaftung sollte kein Sichtkontakt möglich sein, da sich die Tiere sonst in ihren territorialbedingt entstehenden Aggressionen hochschaukeln können. Sollte also schon ein Kaninchen im Haushalt leben, muss das 1. Date mit dem neuen Kaninchen unbedingt an einen anderen Ort als den bisherigen Lebensraum in der Wohnung oder Haus verlagert werden. Bei Haltung in einem Freilaufgehege sollte es ein Bereich sein, der bisher noch nicht vom Kaninchen erkundet werden konnte. Es sollte ausreichend Platz für den Rückzug geben (4-6 qm), zwei Futterplätze sowie eine Möglichkeit zum Unterschlupf mit beidseits offenem Ende - damit das unterwürfigere Kaninchen nicht in die Enge getrieben werden kann. 

Ablauf der Vergesellschaftung 

Alle Tiere sollten zeitgleich ins neue Gehege gesetzt werden. Vorab sei gesagt, dass es bei manchen Kaninchen sofort funkt und bei anderen ein paar Tage bis zur Annäherung dauern kann. Oft jagen und zwicken sich die Kaninchen anfangs und Fellbüschel können durch die Luft fliegen. Gegenseitiges Besteigen ist ebenfalls normal und keineswegs sexuell orientiert - hierbei geht es darum, die Rangordnung auszufechten. Wer oben ist, möchte Chef sein, wer unten bleibt, ordnet sich unter. Sollte es also lediglich zu kleineren Rangeleien kommen, ist kein Eingreifen nötig und man kann entspannt bleiben. Spätestens nach ein paar Tagen sollte dieses Verhalten abebben und erste Erfolge zu verzeichnen sein: die Tiere sitzen oder liegen friedlich beieinander, fressen zusammen und putzen einander. 

Erfolgreiche Vergesellschaftung 

Wenn dieser zuletzt beschriebene Zustand anhält und ein friedliches Miteinander über mehrere Tage zu beobachten ist, kann das frische gebackene Paar in sein gewohntes Revier umziehen. Es kann sein, dass es nochmal ein kurzes Aufflackern kleinerer Rangeleien gibt, dies ebbt aber meist schnell wieder ab. Wie schnell es dann dazu kommt, dass die Kaninchen miteinander kuscheln, ist ganz unterschiedlich. Einige sind sich nach wenigen Tagen schon sehr nah, bei anderen dauert es Wochen und wieder andere sind einfach nicht die großen Kuschler. 

Übrigens: Kaninchen merkt man Krankheiten oft erst spät an, da sie still leiden. Auch Einsamkeit ist oftmals nichts Greifbares. Findet dann aber eine erfolgreiche Vergesellschaftung statt, ist schnell ersichtlich, wie sehr die Tiere aufblühen und man versteht, warum eine Paar- oder Gruppenhaltung für sie so wichtig ist. 

Autorin:

Stefanie Schmidt

Praxisleitung und Tierärztin in der Tierarztpraxis Am Wilden Mann in Dresden